Medien-Kritik: Oberucken — Zeitverschwendung bei Amazon Prime

Bei Amazon Prime fand ich kürzlich die Serie „Oberucken“. Schon die Aufmachung erinnerte an die Kultserie „Little Britain“. Deshalb zog ich mir die sieben Folgen „Oberucken“ auf das iPad, um sie beim sonntäglichen Schrauben laufen zu lassen.

Denn ich mag „Little Britain“. Ich finde einfach gut, wie sich Matt Lucas und David Walliams in unterschiedlichen Rollen die Exzentrik des Lebens vornehmen. Wobei die Briten die Abartigkeiten des „kleinen Mannes“ so grotesk überzeichnen, dass dem Zuschauer das Lachen regelmäßig im Hals stecken bleibt. Figuren wie Andy und Lou, Vicky Pollard oder Maggie Blackamoor und Judy Pike sind großartig.

Zum Konzept der Sketch-Show zählt, dass sich Lucas und Walliams an allen Gesellschaftsschichten abarbeiten. Denn sie ziehen genauso einen offensichtlich von Tony Blair inspirierten Premierminister wie den Durchschnittsbürger Dudley Punt mit seiner „Importfrau“ Ting Tong Macadangdang durch den Kakao. Auch wenn viele Figuren typisch britisch sind, gefällt das Konzept der Sendung auch bei uns.

Leider beendeten die Schauspieler nach 26 Folgen und zwei Spin-offs vor gut sechs Jahren ihre Zusammenarbeit. Seitdem warten Fans der Zwei sehnsüchtig auf Fortsetzung. Doch der Graben zwischen Lucas und Walliams scheint tief zu sein. Beide Schauspieler betonen inzwischen regelmäßig, dass an eine weitere Zusammenarbeit nicht zu denken sei. Offensichtlich schafft das Raum für Andere, die das Konzept mehr oder minder direkt kopieren. Bei YouTube gibt es Einige, die sich an dem Format probieren.

Auch die Streamingdienste wollen sich offenbar einen Teil vom Kuchen abscheiden. Beim Streamingdienst des US-Riesen Amazon gibt es daher die Serie „Oberucken“. In der Serie geht es um die Bewohner eines ausgedachten Dorfs am Rhein. Hinter der Serie stehen die Bonner Daniel Gatzke und Lars Fricke, die auch selbst als „Schauspieler“ vor der Kamera agieren. Mit der Serie schaffen Gatzke und Fricke übrigens den Sprung vom kostenlosen YouTube ins bezahlte Programmangebot.

Die Story zu Oberucken ist schnell erzählt!

Der 17-jährige Niklas, „gespielt“ vom YouTuber Joey’s Jungle, verliert durch ein Feuer seine Eltern. Nach dem Unglück findet Niklas Unterschlupf bei seiner von Gatzke „dargestellten“ Tante Adelheid und ihrem Lebensgefährten Bernd, den Co-Autor Lars Fricke „gibt“. Frührentner Bernd lebt in seiner eigenen Welt aus Pornos und Männerabenden. Wobei die Betonung auf „und“ liegt. Denn der Hochpunkt der Männerabende ist das gemeinsame Schauen von Pornos.

Ähnlich wie die Vorbilder Lucas und Walliams es bei „Little Britain“ praktizieren, übernehmen auch Gatzke und Fricke fast alle weiteren Rollen. Auch das Konzept des selbstverliebten Off-Sprechers übernehmen die Rheinländer. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon. Anders als das britische Original gefällt mir „Oberucken“ nicht. Denn die Umsetzung von „Oberucken“ kann mit der Idee und dem Vorbild nicht einmal im Ansatz mithalten. An die Stelle gepflegter Gesellschaftskritik, die „Little Britain“auszeichnet, tritt bei „Oberucken“ spätpubertärer „Humor“.

Oberucken scheitert vollständig am eigenen Anspruch!

Das liegt auch an der Umsetzung. Denn auch die Darstellung von Trash erfordert ein Mindestmaß an Schauspielkunst. Schauspiel ist deutlich mehr, als die Verwendung rheinischer Mundart und das Tragen von Maskierungen, die die Ururteile des Zuschauers zu den dargestellten Personen befriedigen. Da hilft auch nicht, dass die Macher in Interviews den kritischen Anspruch ihres Formats betonen. 

Sie verstehen „Oberucken“ auch als Kritik an TV-Formaten vom Schlage „Schwiegertochter gesucht“ oder „Bauer sucht Frau“. Dummerweise hält die Umsetzung diesem ehrenhaften Vorhaben in keiner Sekunde Stand. In einem Interview mit dem Tagesspiegel bezeichnet Lars Fricke „Grenzwertig, zum Fremdschämen, als sein Ding“. Am Ende der sieben Folgen denke ich, dass das möglicherweise selbstironischer sein könnte, als der „Schauspieler“ es meinte.

Fremdschämen passt gut, den Oberucken ist völlige Zeitverschwendung!

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